Es gibt bereits Anleitungen online, wie man Wildmausbabies aufzieht, denn anders als viele andere Wildtiere sind diese in der Regel nicht besonders geschützt (keine rechtlichen Probleme) und man hat auch als Laie nicht viel Raum für dramatisches Versagen bei der Auswilderung. Außerdem gibt es Mäuse wie Sand am Meer und die Chancen, dass man mal ein Baby findet, stehen gut.
Mir fehlen aber in vielen Guides Punkte, die ich extrem wichtig finde und die sehr schnell zwischen Leben und Tod entscheiden können. Allgemein möchte ich natürlich jedem Finder raten, wenn möglich das Baby an einen erfahrenen Päppler weiter zu geben. Aber sollte das nicht drin sein ist hier mein persönlicher Guide für Mausbabies von Anfang bis Ende, der vielleicht ein paar Fragen beantwortet. So kurz gefasst, wie ich das eben kann (also nicht sehr).
Basisequipment
Gebraucht werden
- ein sicheres Behältnis (auch kleine Babies laufen manchmal umher und ältere Mauskinder fressen sich durch Pappe und springen über Ränder. Ich benutze hierfür gerne eine Faunabox, denn sie sind sicher und lassen gleichzeitig genug Luft rein)
- "Nistmaterial" (etwas zum Einkuscheln wie Stoffreste oder eine alte Socke für den Komfort. Auf keinen Fall Dinge nehmen, bei denen sich feine Schlingen um Gliedmaßen wickeln können, wie zB Watte, oder Dinge, die stark stauben, wie zB bestimmte Nagetiereinstreu)
- eine beständige Wärmequelle (ich persönlich nutze Heizmatten aus dem Reptilienbedarf. Rotlicht trocknet oft aus und Wärmflaschen oder Snugglesafe halten die Temperatur nicht verlässlich. Kleine Babies können sich nicht selbst wärmen!)
- Welpen- oder Katzenaufzuchtsmilchpulver (als gute Marken etabliert haben sich zum Beispiel Royal Canin oder Fox Valley. Es geht dabei um Milchpulver, NICHT um "Katzenmilch", die man fertig in kleinen Tetrapacks oder Dosen kaufen kann. Diese sowie Kuhmilch oder Menschenmilch (ja das ist schon passiert) bitte AUF KEINEN FALL füttern! Im absoluten Notfall geht Ziegenmilch oder Elektrolytlösung zur Überbrückung)
- Pipette, Spritze, Pinsel, Schwamm, Zitzenaufsatz, Q-tips oder irgendwas, um das Baby zu füttern (jeder hat andere "Werkzeuge", mit denen er die Milch in die Babies bekommt. Ich persönlich nutze Wassertankpinsel und fülle diese mit Milch. Wichtig ist, dass das Baby saugen kann und nicht die ganze Milch entgegen geschwappt bekommt. Außerdem muss die Nase frei bleiben! Einige Babies trinken nur, in dem man die Milch in die Handfläche rinnen lässt und die Babies sie dann rauslecken können.)
- Thiamin, Elektrolyte (hatte ein Baby lange keine Nahrung mehr und bekommt dann eine hochkalorische Milch mit diversen Vitaminen, kann es sein, dass der Körper damit nicht zurecht kommt ("refeeding syndrome".) Durch die Gabe von Elektrolyten vor der ersten Milch und dem Beimischen von Thiamin in die Milch, kann man dem Vorbeugen)
- Sab Simplex (kann in die Milch gemischt werden bei Blähungen, die für ein Mausbaby schnell tödlich enden können)
Was muss ich alles tun?
Grob und simpel zusammen gefasst muss das Baby alle zwei Stunden gefüttert werden (ja, auch Nachts); ihm muss außerdem mindestens nach jeder Mahlzeit, der Mund geputzt und der Bauch kräftig massiert werden. Beim Füttern muss das Baby aufrecht gehalten werden und darf nicht auf dem Rücken liegen, um Verschlucken zu vermeiden. Dann muss durch schnelles Tupfen mit einem Q-Tip oder Schwamm über Harnröhre und After dem Baby dabei geholfen werden, Kot und Urin abzusetzen. Die Milchmenge richtet sich nach der Größe des Babies und es ist wichtig nicht zu überfüttern! Bei nackten Babies sieht man einen gefüllten Magen hell durch den Bauch durch scheinen. Ein voller Magen sieht aus wie ein kleiner länglicher Bereich unter dem Brustkorb und sollte weder Lunge noch Darm wegdrücken. Außerdem sollte keine Luft im Magen sichtbar sein. Am sichersten ist es, mehrfach kleine Portionen zu füttern. Ein kleines Baby ist oft schon nach ein paar Tropfen satt.
Wird das Baby älter muss es von Milch auf artentsprechende Nahrung umgewöhnt werden (ab hier wird die Artbestimmung wichtig). Es braucht ein natürlich eingerichtetes Gehege, in dem es normales Verhalten erlernen kann. am besten mit Artgenossen. Vor der richtigen Auswilderung empfielt sich ein gesichertes Außengehege als Übergang, damit die Jungtiere Dinge wie Wetter und den normalen Tag-Nacht Zyklus kennen lernen können. Das Gebiet für die finale Auswilderung muss Nahrungs- und Wasserquellen sowieso Artgenossen und Unterschlupf bieten. Oft eignen sich Naturparks, Wildgehege, Wälder etc, je nach Mausart. Am besten bringt man die Maus wieder an den Fundort, wenn dieser sicher ist.
Dabei handelt es sich um das absolute Mindestmaß an Dingen, die gemacht werden MÜSSEN. Fühlt man sich dem nicht gewachsen oder hat keine Erfahrung, organisiert man am besten eine Wildtierauffangstation, die sich kümmert. Zum Beispiel kann eine Wildtierstation sich um die Auswilderung kümmern, wenn der private Päppler die Maus bereits gut fit aufgezogen hat. Die meisten Stationen sind enorm überlaufen und freuen sich über jede Hilfe!
Wie stehen die Chancen?
Man möchte gerne jedes Baby retten, absolut keine Frage. Allerdings muss man sich auch im Klaren darüber sein, dass wenn ein Baby stirbt, es nicht friedlich einschläft, sondern erst eine Zeit lang furchtbar leidet. Die häufigste Todesursachen für Mausbabies in Päpplerhand sind ersticken/ertrinken und verhungern. Ein Baby, das man nicht mehr retten kann, zu erlösen, halte ich deshalb für die humanste Lösung. Eingeschläfert wird beim TIERARZT, andere Möglichkeiten werde ich hier nicht erklären. Aber ich werde sagen, was Quälerei ist: einfach liegen lassen, halbherzig drauftreten, der Katze oder dem Hund zum Spielen geben, Gefrierfach. Damit macht man sich übrigens auch strafbar.
Es folgen Fotos von Babies und eine Erläuterung ihrer Überlebenschancen und des Arbeitsaufwandes
1. Komplett nackt oder nur minimal behaart, vllt noch mit Nabelschnur
Diese Babies sind für mich leider in den meisten Fällen Todeskandidaten. Links sieht man ein Feldmausbaby, rechts eine Spitzmaus (zu Spitzmäusen mehr weiter unten!), beide sind später verstorben. Babies in diesem Alter schaffen es oft nicht mal aus der Pipette zu trinken ohne zu ersticken, können Kot und Urin nur durch Hilfe absetzen und wird die Verdauung zu lange nicht stimuliert, stellt der Darm die Arbeit ein. Diese Babies BRAUCHEN fast immer eine Amme, dabei ist die Mausart egal (eine Farbmaus kann auch Wildmäuse aufziehen). Gibt es keine Amme sollten diese Babies alle 30 Minuten mit winzigen Mengen gefüttert werden (auch Nachts) und am besten konstant massiert werden, bis sie sich stabilisieren. Wenn die Babies nicht perfekt und gierig trinken, dafür aber direkt aspirieren oder sich auffällig verhalten (Siehe Abschnitt: Gute Zeichen, schlechte Zeichen), sollten sie meiner Meinung nach schnell erlöst werden. Diese Babies ersticken sonst an ihren eigenen aufgeblähten Mägen, ertrinken an Milch in der Lunge oder verhungern mit vollem Bauch, weil die Verdauung nicht mehr funktioniert. Das ist nicht im Sinne des Tierschutzes.
2. dünnes Fell, Augen zu oder nur minimal geöffnet, Ohren vielleicht noch zu
Je weiter entwickelt ein Baby ist, desto höher sind die Überlebenschancen. Beim Entwickungsstand orientiert man sich am besten am Fell (dünn, eng anliegend, teilweise kahl = jünger / dicht, struppig = älter). Offene Augen können täuschen! (siehe Abschnitt: Gute Zeichen, schlechte Zeichen). Diese Babies sollten mindestens alle zwei Stunden Milch bekommen, auch Nachts. Ist das Baby schon älter und trinkt gut, können die Futterintervalle auch deutlich länger außeinander liegen. Nach dem Essen muss der Bauch massiert und der Po betupft werden, denn auch diese Babies können oft noch nicht alleine Kot und Urin absetzen. Später, wenn langsam die Äuglein aufgehen, können auch Haferflocken mit Milch in einem flachen Flaschendeckel zusätzlich zur normalen Milchfütterung angeboten werden, damit sie langsam lernen alleine zu essen.
3. struppiges Fell, dauerhaft offene Augen, abstehende Ohren
Diese Babies haben fantastische Chancen und brauchen oft nur ein bisschen Hilfe auf den letzten Metern zum Ziel. Sie brauchen jetzt vorallem viel artentsprechendes Futter und können dabei mit Milch und Vitaminen noch zusätzlich unterstützt werden. Zur Sicherheit sollte man auch ihnen am Anfang Bauch und Po massieren, in der Regel brauchen sie es aber später nicht mehr. Haben sie starken, stinkenden Durchfall oder einen sehr stark geblähten Bauch, brauchen sie vielleicht eine Darmparasitenbehandlung vom Tierarzt (Siehe Abschnitt: Parasiten), die sie in diesem Alter auch oft gut überstehen. Sind die Babies orientierungslos oder können ihr Gleichgewicht nicht halten, haben sie oft eine Innenohrentzündung und brauchen Antibiokum., Auch das lässt sich mit einem Tierarzt klären. In diesem Alter gehen Päppeln und die Vorbereitung für die Auswilderung Hand in Hand.
Ohne Kot ist nichts im Lot- die Bauchmassage
In jeder Anleitung steht, dass man den Bauch nach dem Essen massieren sollte, um die Verdauung anzuregen. Das ist richtig, aber mir wird nie genug betont wie UNGLAUBLICH WICHTIG es ist, den Bauch wirklich KRÄFTIG zu massieren. Ein nicht genug massierter Bauch kann zu Verstopfungen oder Blähungen führen und ein Baby töten, so wichtig ist das! Viele Finder haben Angst der Maus weh zu tun und streicheln darum nur ganz sanft übers Bäuchlein, aber das ist nicht genug. Schaut man sich ein mal an, wie Mausemütter mit ihren Babies umgehen, wird man schnell sehen, dass die Kleinen gar nicht so empfindlich sind, wie man denken könnte. Mäuse putzen sich und ihre Babies sehr grob und ruckartig, halten sie auch mal mit einem Fuß fest und wühlen mit dem Kopf alles durch und das brauchen die Babies auch. Kriegen gerade kleine Mausbabies von außen keinerlei Bewegung und Reize, schläft ihre Verdauung komplett ein und sie verenden. Deshalb darf der Bauch ruhig etwas kräftiger geknetet werden und zwar wirklich oft und regelmäßig.
Ebenfalls wichtig ist der "Ausgang". Ich benutze einen festen Make up Schwamm, um der Maus über Anus und Harnröhre zu tupfen und zwar so lange, bis sie pinkelt und kotet. Auch da ist es mit ein mal kurz drüber wischen nicht getan! Macht man es richtig, strecken viele Mäuschen sogar ihre Beine in die Luft und lassen einen einfach machen. Die kleinen Mäuse KÖNNEN das nicht alleine und brauchen die Mama dafür. Ich habe schon Babies übernommen, bei denen das nicht richtig gemacht wurde und die mich hier dann quasi mit Urin beschossen haben, weil sie so einen Druck hatten. Also auch hier hilft ein bisschen Grobheit und die Mausis sind zufrieden.
Gute Zeichen, schlechte Zeichen
Unruhe/ Zu viel Ruhe
Viele freuen sich, wenn die Babies wuselig und aktiv sind, allerdings ist das oft gar kein gutes Zeichen. Gesunde und entspannte Babies sollten die meiste Zeit einfach nur schlafen und kuscheln, beim Träumen mit Schwänzchen und Füßchen zucken, beim Trinken dann aufgeregt werden, aktiv saugen und Milchtritt machen und sich vielleicht manchmal kratzen oder anders hinlegen. Streichelt man sie, dann strecken sie sich oder kuscheln sich ein. Sie piepsen kurz, wenn sie zu grob geputzt werden oder in einer unbequemen Position liegen, beruhigen sich danach aber direkt wieder.
Suchend umherlaufen, dauerhaftes Piepsen, überhaupt nicht ruhig liegen sondern immer und immer wieder die Position wechseln und allgemein andauernd ruckartige Bewegungen hin und her sind ein Zeichen für Stress und Unwohlsein! Auch Babies, die im Sterben liegen, werden nochmal aktiv und unruhig.
Gleiches gilt für Babies, die nur apathisch liegen, nicht auf äußere Reize reagieren, schlaff sind und keinerlei Saugreflex haben. Diese Babies überleben oft nicht.
Augen zu früh auf
Auch offene Augen sind immer ein Grund für große Freude bei den Findern, aber auch oft ein Zeichen für Babies, denen es nicht ganz gut geht. Wenn Mausbabies früh von der Mutter getrennt werden, dann setzen alle Überlebensinstinkte ein. Diese Babies haben die Augen oft viel früher geöffnet und schauen einen durch kleine Schlitze an. Man beurteilt das Alter darum am besten am Fell und der allgemeinen Körpergröße. Werden die Babies gut versorgt und fühlen sich sicher, gehen die Augen auch oft noch eine Weile wieder zu. In der Regel ist das kein Problem für die Mäuse!
Aspirieren Bei der Fütterung mit Milch kann es sehr leicht passieren, dass sich ein Baby verschluckt. Die Babies reißen dann weit den Mund auf, schnappen nach Luft und strecken die Vorderfüße starr nach vorne, oft knackt die Atmung oder man sieht Bläschen an der Nase. Dieser Zustand ist für die Babies lebensgefährlich!! Akut in der Situation muss man 1. sofort aufhören zu füttern 2. mit der Pippette, dem Pinsel oder Q-Tip fest und kurz auf die Zunge drücken, teilweise mehrfach 3. möglicherweise zu viel Milch schnell von Nase und Mund abtupfen. Am besten hat man dafür bei der Fütterung immer einen sauberen Q-Tip oder einen leicht feuchten Schwamm griffbereit. Durch Schritt 2 setzt in der Regel sofort der Schluckreflex ein und sie atmen wieder normal, wollen danach teilweise sofort gierig weiter trinken. Es ist unglaublich wichtig, dass dieses Verschlucken nicht passiert, denn zu viel Milch in der Lunge ist ein Todesurteil. Man sollte darum immer nur kleine Mengen Milch auf ein mal füttern, die Maus sollte aufrecht gehalten werden und nicht auf dem Rücken liegen, man sollte nicht überfüttern, weil die Milch sonst wieder hoch kommt, und man macht am besten viele kleine Pausen. Auch wenn man sich an diese Regeln hält, gibt es Babies, die beim winzigsten bisschen Flüssigkeit sofort aspirieren. Bei diesen Babies muss man sämtliche Füttermöglichkeiten (Pinsel, Schwamm, Spritze, Ablecken etc) durchtesten in der Hoffnung, eine Lösung zu finden.
Sehr harter Bauch/ Verstopfung
Besonders bei nackten Babies kann man den Magen und Darm durch den Bauch sehen, was beim Füttern sehr praktisch sein kann. Wenn man fühlt, dass der Bauch sehr fest ist und vielleicht sogar große Luft- oder Futteransammlungen im Magen und Darm sieht, kann das für ein Baby sehr schnell lebensgefährlich werden. Am besten gibt man dem Baby Sab Simplex und massiert nun extra intensiv und häufig den Bauch, ruhig mehrere Minuten lang vor und nach jeder Fütterung und wann immer man Zeit hat. Lösen sich die Verstopfungen gar nicht und werden immer schlimmer, muss das Baby oft erlöst werden, weil es sonst erstickt, verhungert oder der Darm reißt. Durch die ständige Bauchmassage kann man diesem Problem aber oft vorbeugen (Siehe Abschnitt: Ohne Kot ist nichts im Lot)
Arten mischen für Nestfeeling
Neben den körperlichen Problemen gibt es für Mausbabys auch einige Faktoren, die für die Psyche und das Wohlbefinden enorm wichtig sind. In der Natur liegen sie in der Regel mit vielen Geschwistern eng zusammen gekuschelt, teilweise gestapelt, an und unter ihrer Mama. Dieses Gedränge und Gekuschel muss man nun versuchen zu simulieren, deshalb kann man die Mäuse ruhig in Tücher einwickeln oder unter ein Stofftier schieben. Einigen Mausbabies können tatsächlich nur so entspannen und laufen sonst nervös umher.
Noch viel besser als jedes Stofftier sind aber andere Babies! Da nicht jedes Mausbaby direkt mit Geschwistern gefunden wird, ist es auch kein Problem andere Findelbabies dazu zu setzen. Alle Mausarten sind als Säuglinge untereinander mischbar und können manchmal sogar später zusammen ausgewildert werden, ich habe zum Beispiel mit der Mischung aus Waldmaus und Rötelmaus schon gute Erfahrungen gemacht. Wichtig dabei: Spitzmäuse sind KEINE Mäuse, also keine Nagetiere. Als Milchbabies haben sie zwar die gleichen Bedürfnisse und können problemlos mit Mäusen gemischt werden, aber sobald sie feste Nahrung fressen, benötigen sie eine REINE Insektendiät. Deshalb läuft die Umstellung von Milch auf Futter für Spitzmäuse etwas anders und sie sind unter anderen Spitzmäusen besser aufgehoben.
Parasiten
Babies behandle ich nur sehr rudimentär und nur wenn wirklich nötig gegen Parasiten, weil die Gifte in den Parasitenmitteln für so kleine Tiere oft eine große körperliche Belastung darstellen. Es gibt aber Fälle, da führt kein Weg drum rum.
Am häufigsten kommen wilde Mausbabies mit Milben und Flöhen zu mir. Zum Glück ist die Behandlung relativ einfach.
Man nimmt sich ein Küchentuch und besprüht es mit Beaphar Ungeziefer Zerstäuber (in der Zoohandlung erhältlich). Dann wird das Baby darin fest eingewickelt, Nase und Augen müssen frei bleiben. Durch das Mittel wird eigentlich sämtliches Krabbelgetier aufgescheucht und rennt aus dem Fell heraus. Die Milben sterben kurz darauf und auch Eihüllen werden zerstört. Bei sehr starkem Befall wie auf dem Foto links ist es manchmal nötig, diese Behandlung mehrfach hintereinander durchzuführen und dabei das Mittel richtig ins Fell zu reiben, um alles zu erwischen. Wenn nötig kann man mit einem feuchten warmen Schwamm danach das Fell reinigen, damit die Maus beim Putzen nichts vom Mittel aufnimmt. Babies mit geschlossenen Ohren lassen diese Prozedur sehr gut und stressfrei über sich ergehen. Tiere mit offenen Wunden bitte auf keinen Fall damit behandeln, da das Mittel Alkhol enthält und stark brennt.
Bei so kleinen Tieren würde ich auf Spot-Ons wie Stronghold oder Ivermectin verzichten, wenn es sich vermeiden lässt. Ein Spot kann jedoch bei bestimmten Milbenarten wie Räudemilben manchmal nötig sein. Die Dosierung sollte genau mit dem Tierarzt abgesprochen und Stronghold im Zweifel mit Propylenglykol verdünnt werden.
Durchfall und ein Blähbauch deuten manchmal auch Endoparasiten wie Würmer oder Giardien hin. Bei der Behandlung muss ein Tierarzt hinzu gezogen werden, der den Kot untersucht, die Parasitenart erkennt und das richtige Mittel in der richtigen Dosierung verschreibt.
Extrem wichtig bei der ersten Untersuchung ist außerdem das entfernen sämtlicher Fliegeneier! Sind die Babies sehr geschwächt oder lagen lange im Freien, haben oft Fliegen ihre Eier auf sie gelegt.
Die Eier sehen aus wie winzige Reiskörner und werden von den Fliegen in kleinen Haufen ins Fell geklebt, besonders gerne im Bereich Gesicht und After. Schlüpfen die Maden, fressen sie sich in das Tier und es stirbt qualvoll. Findet man auch nur EIN Fliegenei, muss das ganze Tier von oben bis unten abgesucht werden, zum Beispiel mit einem Nissenkamm gegen den Strich oder mit einer alten Zahnbürste. Man kann das Fell auch leicht anfeuchten, um die Eier besser zu sehen. Das kann nicht warten und muss sofort bei Ankunft gemacht werden.
Auswildern oder "die sind ja sooo süß und zahm, die müssen hier bleiben"
Wenn man so ein kleines Mäuschen von einer nackten Bohne zu einem stattlichen Puschel groß gezogen hat, ist es sehr leicht, sich in das Tier zu verlieben. Das Bedürfnis besteht, aus dem Wildtier ein Haustier zu machen, denn die Natur ist gefährlich und hier drinnen ist es sicher und warm. Wenn man das Tier aber wirklich liebt, sollte man sich dagegen entscheiden, denn es gibt nur sehr wenige Situationen, in denen es wirklich gerechtfertigt ist, ein Wildtier zu halten. Solche wären u.a., wenn das Tier so stark eingeschränkt und fehlentwickelt ist, dass es in der Natur qualvoll verenden würde und selbst in diesem Fall ist es oft ratsamer, das Tier zu erlösen, als es in einen Käfig zu sperren. Ich rede bewusst nicht von der Frage der Legalität (es ist illegal, ein Wildtier ohne Grund als Haustier zu halten), denn wenn sich das Herz ein mal entschieden hat, dann kann man mit Logikargumenten wie dem Gesetz nicht mehr kommen.
Darum die klare Ansage:
Wildtiere gehören in die Natur. Und gibt man seinen "zahmen" Haudaufzuchten die Möglichkeit, natürliches Verhalten durch Artgenossen und ein Naturgehege auszuleben, verlieren sie die anfängliche Zahmheit beinahe über Nacht.
Diese zahmen Hausmausbabies wollten schon wenige Stunden nach diesem Video nichts mehr mit mir zu tun haben, als es in das Naturgehege ging. Der Mensch ist immer nur ein ERSATZ und kein guter. Ersatz für Artgenossen, Ersatz für Reize durch eine spannende Umgebung, Ersatz für Lauffläche,... Das ist kein schönes Leben für ein Wildtier, das die konstante Abwechslung braucht.
Wer ein Wildtier aufpäppelt, sollte am Ende immer die Auswilderung als Ziel haben. Jeder andere Ausgang ist ein Fehlschlag!
Also raus damit
Zu der Auswildering muss ich an anderer Stelle mal einen ausführlicheren Text schreiben. Wie weiter oben bereits erwähnt, kann man eine Handaufzucht nicht einfach ins nächste Gebüsch schmeißen. Auch hier empfehle ich wieder den Kontakt zu Pflegestellen und Päpplern herzustellen, die sich auskennen und oft bereits die richtigen Gehege für eine Auswilderung besitzen. Spätestens, wenn die Mäuse mit fester Nahrung beginnen, wird es Zeit, sich darum zu kümmern!
Um ausgewildert werden zu können, müssen sie selbstständig verschiedene Arten fester Nahrung suchen und essen, dichtes "Erwachsenenfell" haben, physisch zu allen wichtigen Mausaktivitäten fähig (buddeln, klettern, nagen) und scheu sein. Beobachten und trainieren lässt sich das alles gut in einem Naturgehege mit vielen Ästen und Streuchern direkt von draußen. Im besten Fall wildert man zusammen mit anderen Artgenossen aus, um die Überlebenschance weiter zu steigern.
Dieser kleine Mann hatte eine permanent verdrehte Vorderpfote. Im Naturgehege hat er gezeigt, dass ihn seine Behinderung nicht einschränkt und er trotzdem klettern und graben kann, deshalb durfte auch er zusammen mit seinen "Brüdern" in einen Wildgarten ziehen.
Schlusswort
Einige Päppler sind verrückt nach Babies... ich nicht. Denn leider sind besonders Mausbabies eine Mischung aus sehr viel Arbeit und einer hohen Todesrate. Mäuse produzieren Nachwuchs auf Masse und nicht auf Stabilität. Oft bekommt man einen ganzen Wurf, von dem am Ende nur die Hälfte überlebt, wenn überhaupt. Das kann sehr deprimierend und nervenaufreibend sein, aber am Ende ist es auch eine ganz tolle Erfahrung, einem kleinen Tier bei seinem Start ins Leben helfen zu dürfen. Ich hoffe ich konnte mit diesem langen Text ein paar Fragen beantworten und dafür sorgen, dass es mehr Babies bis zur Auswilderung schaffen. Das wäre mein Wunsch :)
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