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Böckchen kastrieren: Wie und Wieso?

Aktualisiert: 15. Feb. 2022

Als Mäuseböckchen hat man es nicht leicht, denn niemand will einen so wirklich haben. Zu den Mädels darf man nicht, denn die daraus resultierende Babywelle ist selbst für den größten Mäusefan zu viel. Kastration ist im Verhältnis zum Preis einer kleinen Farbmaus eher teuer und müffeln tun die Herren auch noch. Deshalb ist es in vielen Ländern üblich, die Jungs entweder bereits als Babys zu verfüttern, sie einzelnd zu halten oder sie in reine Bockgruppen zu setzen, um Nachwuchs zu vermeiden. Auch bei uns landet ein Großteil der Jungs in der Schlange. Darum geht es mir bei diesem Text aber nicht, sondern darum, wie man mit den lebenden Böckchen jetzt am besten umgeht und warum für mich kein Weg um die Kastration herum führt.

Sitzkissen immer dabei! Foto von Iris
 

Was hat Mann von der Kastration?

Kastrierte Männchen können wunderbar zusammen oder noch besser in einer gemischten Gruppe mit Weibchen leben. Nach der Kastration hört auch der fiese Böckchengeruch auf. Einige werden zwar etwas moppelig, überstehen die OP aber in der Regel gut und können ein tolles, mausgerechtes Leben führen. Oft hört man, dass Kastraten Ruhe in die Gruppe bringen und Konflikte unter den Weibchen lösen (wobei ich persönlich das noch nie beobachtet habe, denn meine Herren halten sich immer raus..). Eine Kastration bringt also diverse Vorteile und um den Eingriff noch etwas schmackhafter zu machen, möchte ich ein paar klassische Ausreden widerlegen.



"Aber der Bock ist alleine auch glücklich!"

Ich will absolut niemals wieder von irgend jemandem hören, dass eine Maus auch alleine glücklich sei. Egal ob Bock oder nicht, keine Maus ist alleine glücklich. Auch für verhaltensgestörte Mäuse, die schwer zu vergesellschaften sind und gefühlt in keine Gruppe passen, gibt es passende Partnertiere. Einsame Mäuse entwickelt Störungen, kratzen sich blutig oder ziehen sich komplett zurück und geben sich auf. Sogar unkastrierte Männchen bevorzugen eher die gefährliche Nähe zu einem anderen Männchen als die Einsamkeit ( https://dspace.library.uu.nl/bitstream/handle/1874/268/c2.pdf;jsessionid=3AA16E1D05A226147DAE1A5F7D9A9C7A?sequence=21 ).



"Aber der hat eine reine Männchengruppe und die verstehen sich ganz toll!"

Nach der oben verlinkten Studie könnte man leicht auf die Idee kommen, die Männchen einfach alle zusammen zu halten, und viele Leute machen es genau so und schwören darauf, dass es bei ihnen ganz toll funktioniert. Ich spreche mich klar dagegen aus, auch als erfahrener Mäusehalter. Die Stimmung in einer Böckchengruppe kann jederzeit kippen und die Folge ist dann möglicherweise nicht nur Gepiepse und Stress, sondern im schlimmsten Fall auch schwere Verletzungen oder Tode. Dabei ist es vollkommen egal, ob die Böckchen miteinander verwandt und aufgewachsen sind oder nicht.


In diesem Video von PALgene sieht man, wie diese Kämpfe beginnen und sich die Aggression untereinander aufbaut (die Haltung in dem Video ist eine Katastrophe und es werden zum Teil falsche Informationen gegeben, es geht mir nur um die Demonstration).


Was für uns Menschen noch nach harmlosen Gerangel aussieht, ist für die Mäuse bitterer Ernst und großer Stress. Das Ergebnis von solchen Kämpfen kann dann zum Beispiel so aussehen:

Cookie von Jeanine

Nicht alle Männchen haben so viel "Glück". In der Natur würden sich die Mäuse aus ihren Revieren vertreiben, aber da sie im Käfig keine Chance zur Flucht haben, können Außeinandersetzungen unter Böckchen auch tödlich enden. Ich rate deshalb klar von Bockgruppen ab! Böckchen, die sich bereits bekämpft haben, können mit genügend Zeitabstand und Trennung nach der Kastration dafür oft wieder normal vergesellschaftet werden.


"Kastration ist mir zu teuer!"

Wenn man ein Tier adoptiert, muss man immer damit rechnen, dass weitere Kosten auf einen zu kommen werden, egal wie teuer die Anschaffung war. Eine Kastration kostet in der Regel um die 70€; einige Tierärzte geben sogar Mengenrabatt oder ermöglichen eine Ratenzahlung. Da es bei Mäusen ab und an mal zu Parasitenbefall oder Erkältungen kommen kann, die behandelt werden müssen, sollte man sowieso immer etwas Geld für seine Tierchen in der Hinterhand haben.

Wer einfach keine Lust hat, das für sein Haustier zu tun, der möge es doch bitte ins Tierheim bringen oder in ein gutes Zuhause weiter vermitteln.


"Er ist zu alt für eine Kastration!"

Das ist ein wirklich valides Argument. Eine OP birgt immer Risiken, besonders bei so einem kleinen Tier. Ab einem gewissen Alter ist eine Kastration tatsächlich nicht mehr möglich, bzw wird von vielen Tierärzten abgelehnt, weil sie zu gefährlich ist. Gibt es wirklich gar keine Chance, den Bock noch zu kastrieren, sollte er in eine harmonische Kastraten- oder Vielzitzengruppe integriert werden. Ich bin immer dafür, erst mal die kastrierten Farbmäuse als Gesellschaft zu testen, aber die Vielzitzen halte ich trotzdem für deutlich besser als den einsamen Tod.



Vincents neue Besitzerin Ina hat es gewagt und ihn trotz des hohen Alters kastrieren lassen. Damit hat sie Vincent zum glücklichsten Mäuseopa der Welt gemacht, der noch viele Monate die Gesellschaft seiner Mädels genießen konnte.






 

Die OP: Der Tag, der für alle total schlimm ist

Ich will nichts schön reden, der Tag der OP ist für die kleinen Jungs immer verdammt mies. Und auch wenn ich nicht selbst auf dem Tisch liege, bin ich oft auch enorm gestresst und mache mir Sorgen. Aber ich denke die Liste oben gibt einen guten Überblick darüber, weshalb ich mich und die Mäuse da trotzdem jedes mal wieder durchquäle. Also wird ein erfahrener Tierarzt gesucht und los geht's!


Die Narkose

In der Regel verwendet man für so kleine Tiere eine Gasnarkose und ich habe damit auch die besten Erfahrungen gemacht. Die Maus wird vor der OP vom Tierarzt untersucht und gewogen, um zu überprüfen, ob sie für eine Narkose bereit ist. Böckchen mit akuten Erkrankungen oder einem Gewicht deutlich unter 30 Gramm sind Risikopatienten, hier ist die Kastration besonders gefährlich.


Zurück nach Hause

Nach circa einer Stunde ist es überstanden und der kleine ex-Mann kann wieder abgeholt werden. Man nimmt am besten eine Wärmflasche mit, damit die Maus auf dem Rückweg nach Hause nicht unterkühlt. Wer selbst schon mal narkotisiert war weiß, dass man danach nicht besonders gut drauf ist. Einige Mäuse wollen nur noch liegen, andere überkompensieren und sind besonders aktiv und klettern wild umher. Man kann den Mäusen ein bisschen Traubenzucker im Wasser anbieten, um den Kreislauf anzukurbeln, sollte ihnen aber vorallem Ruhe gönnen.

Wambo schläft beim Futtern ein

Der Tierarzt gibt einem Schmerzmittel und Antibiotikum mit und die Wundheilung bei Mäusen läuft erstaunlich schnell! Fäden ziehen sich die Mäuse meistens selbst, oft noch etwas früher, als sie eigentlich sollten. Ich gebe den Jungs deshalb in der ersten Woche kein Laufrad und keine spannenden Kletteräste, damit sie sich eher am Boden aufhalten und nicht an der Wunde reißen. Außerdem gibt es erstmal keine staubige Streu/Sand.


Ausstinken

Ein frisch kastriertes Böckchen kann auf keinen Fall direkt zurück zu den Weibchen, denn es hat nach wie vor einen erhöhten Hormonspiegel und ist fruchtbar. Nach der Kastration beginnt die Ausstink-Zeit. In dieser Zeit verlieren die Böckchen ihren typischen "Duft" und entspannen. Außerdem sterben die Restspermien ab, sodass auch wirklich nichts mehr passieren kann. Das kann bis zu 6 Wochen dauern, ich persönlich setze die Mäuse in der Regel bereits nach 4 Wochen wieder zusammen. Einige sind noch ungeduldiger, aber man muss sich immer bewusst sein, dass nicht ausgestunkene Böcke immer noch scharf schießen! Vergesellschaftung auf eigene Gefahr.

Klaus muss noch warten, bis er zu seinen Ladys darf...

Oh nein, er tut es immer noch!

Einige Maushalter trifft der Schlag, wenn sie ihren Kastraten plötzlich beim Rammeln einer Mäusedame erwischen. Aber keine Sorge: wurde die Ausstinkzeit eingehalten, kann nichts mehr passieren. Man kann dann sogar oft beobachten, wie die Mäusedame nach kurzem Geschrei und Geputze wieder begeistert zum Kastraten rennt für Runde zwei. Nicht alle Mäuse machen das, aber es kommt vor und ist vollkommen normal ;)








 

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