Da ich viele Notfällchen aufnehme, kommen auch sehr häufig Mäuse zu mir, die schon einen etwas längeren Krankheitsweg hinter sich haben. Viele Erkrankungen bei Mäusen haben eher unspezifische Symptome und auch eine auf den ersten Blick eindeutige Erkrankung (Schnupfengeräusche) schlägt manchmal nicht auf die Behandlung (Antibiotikum) an und so bleibt nur Rätselraten. Und immer wieder höre ich bei der Behandlung von Mäusen mein persönliches Unwort in der Tiermedizin: Homöopathie. Egal ob vom Mausbesitzer selbst gesucht oder vom Tierarzt empfohlen, egal ob bei leichten unspezifischen Beschwerden oder bei schwerer Erkrankung- es soll sanft und durch die Natur gelöst werden und das verbinden viele Menschen mit dem Begriff der Homöopathie. Mir ist noch nie jemand dabei begegnet, der auch nur einen bösen Hintergedanken dabei hatte, seiner leidenden Maus Globuli zu geben. Viele der Leute haben damit bereits gute Erfahrungen bei sich selbst gemacht oder möchten nicht direkt zur "Chemiekeule" greifen und es lieber sanft versuchen. Was habe ich also gegen diese "sanfte, alternative Medizin"?
Unterschied von Homöopathie und Naturheilkunde
Dass Pflanzen wirken weiß man spätestens, nachdem man ein mal am falschen Pilz geleckt hat. Heilkräuter sind effektiv gegen diverse Erkrankungen und Beschwerden, egal ob pur oder in Medikamentenform. Der Unterschied zur Homöopathie ist: Wird aus einer Pflanze ein Medikament hergestellt, wird eine bereits heilende Wirkung der Ursprungspflanze verstärkt, zum Beispiel durch das Pressen von Öl. Man erkennt den sinnvollen Nutzen einer Pflanze und konzentriert ihn. In der Homöpathie wird ein Stoff als Ursprung genommen, der oft giftig ist (z.B. der Arsenpilz). Geht man fröhlich in den Wald und isst einen puren Arsenpilz, käme man nicht mehr nach Hause. Also wird die giftige Wirkung so lange verdünnt, bis sie vollkommen unschädlich gemacht wurde; man nimmt der Pflanze also ihre Wirksamkeit durch Verdünnung weg, alles andere wäre ja auch lebensgefährlich. In der Theorie der Homöopathie sorgt die verdünnte Version vom Arsenpilz nun für einen gegenteiligen Effekt zur Ursprungspflanze und wird als "arsenicum album" zum Beispiel für Durchfall und Gürtelrose, Prüfungsangst, Lebensmittelvergiftung und Schlafstörungen, auch für Kinder, verwendet.
Hier in kleines Video dazu, wie ein homöopathisches Mittel hergestellt wird:
(Quelle: Neo Magazin Royale im ZDFneo)
Homöopathische Arznei wirkt nicht- zum Glück! Weil der Ausgangsstoff oft bereits nichts zur Behandlung einer Krankheit taugt. Allerdings werden im allgemeinen Sprachgebrauch Homöopathie und Naturheilkunde oft synonym verwendet und es kommt zu Verwirrungen. Diese ist von großen Firmen auch gewollt. Der Bezug von Naturkraft -> Heilung -> Homöopathie ist das beste Marketing, das es gibt. Dazu noch die lockere deutsche Gesetzgebung, eine professionelle Verpackung- es ist überhaupt kein Wunder, dass man darauf herein fällt.
HM Tropfen sind verpackt wie Baytril oder andere, echte Medikamente, jedoch vollkommen wirkungslos, wenn man von der hohen Menge Alkohol mal absieht. Sie werden gerne für Kleinnager verschrieben und Versprechen Hilfe bei diversen, ernsten Erkrankungen, die auch tödlich enden können.
Homöopathie wirkt im Kopf
Wer Ängste hat, dazu noch Kopfschmerzen und vielleicht Kribbeln im linken Zeh, darauf hin ein paar Gobuli schluckt und sich besser fühlt, der soll das auch bitte weiterhin so tun. Der Placebo Effekt ist eine mächtige Sache, die sogar wirkt, wenn das Gehirn weiß, dass eigentlich keine Wirkung zu erwarten ist. Darauf will ich nicht näher eingehen, wer sich für das Thema interessiert, sollte sich mal dieses Video von Mailab auf Youtube dazu ansehen (https://www.youtube.com/watch?v=ESMooFO0aaY).
Eine Maus weiß nicht, dass sie da gerade ein Mittel bekommt, das gegen eine bestimmte Erkrankung helfen soll. Ihr Körper weiß es auch nicht. Somit geht bei der Behandlung einer Maus die Wirkung der Homöopathie- der Placebo Effekt- komplett verloren.
Aber es schadet doch nicht?
Richtig. Da die homöopathische Arznei auf die Maus keinerlei Wirkung hat, schadet man der Maus damit nicht. Man hilft ihr natürlich auch nicht, aber man richtet nichts schlimmes damit an. Man schadet ihr jedoch ganz massivst, wenn man sich auf die Homöopathie stützt und der Maus darum keine anderen, wirkungsvollen Behandlungen ermöglicht. Ich habe Leute mit ihren stark Schmerz anzeigenden Mäusen schon zum Tierarzt geschickt, die daraufhin mit HM Tropfen zurück kamen. Man solle "erstmal das hier versuchen" und wenn es nicht hilft, könnte man ja immer noch andere Mittel testen. Problem dabei: eine Maus hat einen schnellen Stoffwechsel und Krankheiten können innerhalb von Stunden umschlagen. Aus einer matten Maus mit auffälliger Atmung wird so über Nacht eine Maus mit schwerer Lungenentzündung, die leidet und mit dem Leben ringt. Natürlich kann man so einer Maus erst mal ein homöopathisches Mittel geben, man könnte aber auch Blumen in die Luft werfen und drei mal Tschacka rufen. Zeit und Geld mit sinnloser Behandlung zu verschwenden ist nicht im Sinne des Tieres.
Schlusswort und Widmung
Ich unterstelle niemandem eine böse Absicht, der seine Tiere homöopathisch behandelt. Aber Globuli heilen weder Schnupfen noch Krebs und wir sollten uns von diesen Firmen nicht das Geld aus der Tasche ziehen lassen. Die Chance, einem Tier mit einer verwehrten RICHTIGEN Behandlung zu schaden, ist einfach zu hoch. Mein Text soll nicht tadeln, sondern aufklären. Darum widme ich ihn meinem alten Kater Socke. Er hatte akutes Nierenversagen mit blutigem Urin und musste entsetzlich leiden. Der Tierarzt schickte uns mit Bachblüten Globuli nach Hause, was seinen Todeskampf und Leid nur unnötig in die Länge zog. Er hatte die letzten Stunden seines Lebens nichts als Stress, Angst und Schmerzen- ein ganz furchtbarer Tod. Das tut mir bis heute unendlich Leid.
Nach Sockes Tod war ich verständlicherweise ziemlich fertig und habe dann selbst die Bachblüten Globuli genommen, schließlich sollten diese gegen Stress und Trauer helfen. Die ganze Packung habe ich verschlungen, ohne Effekt.
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